09.07.2022 17:53

Eigenschaften von Chipsätzen und Bildqualität von IP Kameras



BLC vc HLC vs WDR


Es gibt verschiedene Funktionen, die in einer Videokamera die Bildqualität beeinflussen können. Oft

ist der Anwender nicht ausreichend über mögliche Funktionen informiert.

Funktionen wie BLC, HLC, WDR und DWDR bestimmen am Ende die Qualität der Videobilder bei

unterschiedlichen Lichtverhältnissen. Preisgünstige Kameras versprechen oft Funktionen, die mit den

eingesetzten Chipsätzen nicht erreicht werden können. Die verwendeten Bildsensoren und der

eingesetzten Signalprozessoren bestimmt immer die mögliche Bildqualität. Ohne

Qualitätskomponenten werden in der Regel Funktionen wie WDR und HLC nicht erreicht (trotz

Herstellerversprechen).

Was ist Spitzlichtaustastung (HLC)?

HLC ist eine Funktion, welche eine Überbelichtung (zum Beispiel durch Scheinwerfer oder Strahler)

kompensieren kann. Diese Funktion erkennt starke Lichtquellen im Video und kompensiert die

Belichtung in diesen Bildbereichen, um die Gesamtqualität des Videobildes zu verbessern. HLC ist sehr

hilfreich bei der Verhinderung von Blendung von Überwachungskameras in der Nacht durch

Scheinwerfer. Die Kennzeichenlesbarkeit von Autos ist ein wesentliches Merkmal.


Was ist Gegenlichtkompensation (BLC)?

Gegenlichtkompensation ist ein Feature, welches in einigen Kameras seit einiger Zeit eingebaut wird.

Wenn eine Person vor einem Fester sitzt oder durch eine Tür von draußen hineinkommt, gibt es zu viel

Licht hinter dieser Person. Dadurch wird die Person zu einer Silhouette und das Gesicht ist nicht zu

erkennen.

BLC ist ein Feature eines digitalen Signalprozessors (DSP) in einer Überwachungskamera, das die

Belichtung des Bildsensors optimiert. Das Videobild wird in verschieden Bereiche aufgeteilt und

unterschiedlich belichtet. Dadurch werden Unterschiede der Lichtstärke in verschiedenen

Bildbereichen ausgeglichen. Allerdings hat die BLC Funktion Grenzen bei der Korrektur

unterschiedlicher Belichtung in verschiedenen Bildbereichen im Vorder- und im Hintergrund des

Bildes. Bessere Ergebnisse können mit einer WDR Funktion erzielt werden.


Was ist Wide Dynamic Range (WDR)?

Ähnlich wie BLC hilft WDR das Videobild bei großen Lichtunterschieden bei der Belichtung

auszugleichen. WDR hat dabei einen größeren Dynamikbereich als BLC. Mit Dynamikbereich ist hier

der messbaren Unterschied von hellsten und von dunkelsten Bereichen des Videobildes gemeint. Bei

der WDR Funktion werden mehrere Bildabtastungen des Videobildes durchgeführt. Der Bildsensor

verbindet dann mehrere Bilder mit unterschiedlicher Belichtung zu einem Videobild.


Was ist Digital Wide Dynamic Range (DWDR)?

DWDR ist eine Lösung WDR im Niedrigpreissektor bereit zu stellen. Bei der DWDR Funktion wird die

WDR Funktion über den Signalprozessors (DSP) anstelle des Bildsensors bereitgestellt. DWDR hat ein

schlechteres Ergebnis als WDR. WDR nutzt die Technologie der Mehrfach Belichtung durch den

Bildsensor und DWDR nutzt eine digitale pixelbezogene Bearbeitung der Bilder. Dabei wird jedes

einzelne Pixel des Bildes entsprechend berechnet. Der Unterschied zwischen WDR und DWDR ist

ähnlich, wie der Unterschied zwischen optischem Zoom und digitalem Zoom. Daher hat DWDR einige

Einschränkungen. DWDR kann lediglich die dunklen Pixel aufhellen. Bei hellen Pixeln findet keine

Bearbeitung statt. Im Ergebnis kann das Videobild körnig und verpixelt werden. Da die WDR Funktion

wesentlich teurer ist, wird die DWDR Funktion genutzt, um den Preis der Kamera niedrig zu halten.


True WDR / Real WDR / Super WDR

Die Bezeichnungen „True WDR, Real WDR und Super WDR“ sind Angaben einiger Hersteller, die eine

tatsächliche WDR Funktion (Mehrfach Belichtung des Bildsensors) versprechen. Die Grenzen der WDR

Funktion sind immer vom eingesetzten Bildsensor abhängig (siehe unten).


Bildsensoren und Digitale Signalprozessoren (DSP)

Die Kombination aus einem Bildsensor und einem DSP ermöglicht die Bildqualität der Kamera. Wenn

die Kamera mit einem hochwertigen Bildsensor und mit einem hochwertigen DSP ausgestattet ist,

liefert die Kamera die besten Ergebnisse bei den Videobildern. Im Folgenden werden Bildsensoren und

DSP vorgestellt.


Digitale Signalprozessoren (DSP)

Der DSP ist ein Chip in einer Videokamera, der die Videosignale eines Bildsensors verarbeitet. Im DSP

Chip befindet sich ein Prozessor, Arbeitsspeicher, Programmspeicher, Software und ein

Betriebssystem (Linux). Die Software analysiert und verarbeitet die Videosignale. Die Qualität des DSP

bestimmt die möglichen Eigenschaften, welche sich auf die Gesamtqualität der Kamera und mögliche

Funktionen, wie HLC, BLC und WDR, auswirken.


Bildsensoren

Bildsensoren sind sehr wichtige Teile der Technologie in einer Videokamera. Der Bildsensor ist die

Komponente, die das Licht, das auf das Kamera-Objektiv fällt, erfasst. Das Bild wird in elektrische

Signale gewandelt. Diese Signale werden durch den DSP verarbeitet. Es gibt zwei Arten von

Bildsensoren. CCD- und CMOS-Sensoren. Beide haben ihre Vor- und Nachteile .


Lichtempfindlichkeit von Kameras mit IR Beleuchtung

Eine Kamera, welche mit einem Infrarot-Board ausgestattet ist, ist eindeutig in der Lage bei völliger

Dunkelheit zu sehen. Die Lux Angabe bei einer solchen Kamera basiert auf ihrer Fähigkeit im Dunkeln

mit Hilfe von Infrarotlicht zu sehen. Aus diesem Grund wird jede Kamera mit Infrarotbeleuchtung mit

einer Lichtempfindlichkeit in der Nacht von 0 Lux angegeben.


Lichtempfindlichkeit von Kameras ohne IR Beleuchtung

Die Bilder jeder Kamera ohne Infrarotbeleuchtung werden in der Dunkelheit immer abhängig vom

existierenden Umgebungslicht sein. Deswegen ist die Lichtempfindlichkeit des Bildsensors ein

wichtiger Faktor zur Beurteilung des geeigneten Einsatzes einer Kamera in einer entsprechenden

Umgebung. Folgende Anhaltspunkte sind zur Beurteilung der Beleuchtung in der Nacht hilfreich:


Beleuchtung in der Nacht                       Lux

Völlige Dunkelheit                             0,0000

Bedeckter Himmel in der Nacht        0,0001

Himmel in der Nacht, kein Mondlicht 0,0200

Himmel in der nacht mit Mondlicht     0,3000


CCD Sensor


CCD-Sensoren sind in analogen Kameras weit verbreitet und bieten eine hohe Bildqualität. CCD-

Sensoren ermöglichen gemeinsam mit einem geeigneten DSP eine echte WDR Funktion in einer


Kamera. Da Megapixel CCD-Sensoren sehr teuer sind, werden in den meisten IP Kameras CMOS-

Sensoren verbaut. CMOS-Sensoren fehlen allerdings einige Eigenschaften, die nur bei CCD-Sensoren


zur Verfügung stehen. So haben CCD-Sensoren eine bessere Lichtempfindlichkeit und produzieren ein


geringeres Bildrauschen, das heiß, der Dynamikbereich von CCD-Sensoren ist größer als der von CMOS-

Sensoren. Dafür bieten CMOS-Sensoren eine höhere Auslesegeschwindigkeit (Bildfrequenz).


CMOS-Sensor

Die meisten HD und IP-Kameras sind mit CMOS-Sensoren ausgerüstet. CMOS-Sensoren haben einige

Vor- und Nachteile im Vergleich zu CCD-Sensoren. Die mögliche Bildfrequenz (Anzahl der Bilder je

Sekunde) ist bei CMOS-Sensoren höher, als bei CCD-Sensoren und CMOS-Sensoren benötigen eine

niedrigere Betriebsspannung als CCD-Sensoren. Dadurch haben CMOS-Sensoren eine niedrigere

Leistungsaufnahme. Allerdings ist bei CMOS-Sensoren die Bildqualität durch elektrische Störungen oft

durch Rauschen und ein körniges Bild beeinträchtigt.


True WDR ist nicht in CMOS-Sensoren möglich. Aus diesem Grund wird beim Einsatz von CMOS-

Sensoren DWDR (Pixelbearbeitung durch den DSP) verwendet.


Bild-Sensor + DSP-Kombinationen in IP-Kameras

Bei den heute auf dem Markt verfügbaren IP Kameras gibt es verschiede Kombinationen von

Bildsensoren und digitalen Signalprozessoren (DSP). Während allen Kameraherstellern in der Regel die

gleichen Gehäuse von Zulieferern zur Verfügung stehen, werden von unterschiedlichen Herstellern

verschiedene Chipsätze in den gleichen Gehäusen verbaut. So findet man auf dem Markt mitunter zwei

völlig gleich aussehende Kameras mit völlig unterschiedlichen Eigenschaften. Was eine Kamera für

Funktionen hat, spiegelt sich dadurch auch immer im Preis wieder.


SONY CMOS Sensor + SONY DSP

Die teuerste Lösung bei der Herstellung.

Diese Kombination bietet die beste Qualität bei Videobildern und Funktionen. Kameras in denen solche

Chipsätze verbaut sind, bieten die besten Videobilder bei schlechten Lichtverhältnissen bei geringem

Rauschen die zuverlässigste Belichtungskorrektur bei Funktionen wie HLC,BLC und DWDR.


APTINA CMOS Sensor + AMBARELLA DSP

Die Herstellung ist günstiger als bei SONY CMOS Sensor + SONY DSP.

Diese Kombination ist die beste Alternative zu einer Kombination mit SONY CMOS Sensor + SONY DSP.


Der Unterschied in der Bildqualität ist vernachlässigbar, weil kaum zu sehen. Für ein gutes Preis-

Leistungsverhältnis ist diese Kombination die erste Wahl. Der Ambrella DSP hat einige zusätzliche


Funktionen, welche unter anderem eine niedrigere Bandbreite im Vergleich zu billigeren DSP

ermöglicht.


APTINA CMOS Sensor + TEXAS INSTRUMENTS DSP

Der DSP von Texas Instruments (TI) ist eine kostengünstige Alternative mit mittelmäßiger Qualität. Im

Vergleich mit einem DSP von Ambrella erzeugt der DSP von TI mehr Bildrauschen und das Videobild ist

weniger klar. Für Kamerad im Billigbereich, die nur unter guten Lichtverhältnissen eingesetzt werden

ist diese Lösung immer noch akzeptabel.


OV CMOS Sensor + TEXAS INSTRUMENTS DSP

Omnivision wurde im Jahr 2015 von chinesischen Investoren für den Einsatz in Kameras als akzeptabler

Qualitätssensor erworben. Die Verwendung eines OV Sensors mit einem TI DSP ermöglicht die

Halbierung der Herstellungskosten einer Kamera. Diese Kombination von Bildsensor und DSP erzeugt

weniger Bildqualität, als eine Kombination mit SONY CMOS Sensor + SONY DSP oder APTINA CMOS

Sensor + TEXAS INSTRUMENTS DSP.


No Name + TEXAS INSTRUMENTS oder No Name DSP

Diese Kombination wird in der Regel die schlechteste Bildqualität bieten. Es gibt einige Firmen in China

oder in Korea, die eigene Bildsensoren und DSP herstellen. Das Ziel ist immer, bei niedrigsten

Produktionskosten den besten Preis am Markt zu erzielen. Die Qualität bleibt dabei meist auf der

Strecke.


Abschließende Betrachtung

Bei dem Kauf einer IP Kamera sollten immer die Einsatzanforderungen bedacht werden. Jede

gewünschte oder benötigte Funktion hat auch ihren Herstellungspreis. Oft kann nicht jede vom

Hersteller angepriesene Funktion durch die eingesetzten Chipsätze erfüllt werden. Deshalb lohnt sich

vor dem Kauf immer das genaue Betrachten der technischen Daten bei einer in Frage kommenden

Kamera.